27.03.2025
In der Gemeinderatsitzung vom 27.03.2025 wurde der neue Haushalt verabschiedet. Lesen Sie hier die Haushaltsrede unseres Fraktionssprechers Michael Hornbruch.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Walz,
sehr geehrter Herr Binz,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
heute beschließen wir nach sechs intensiven Beratungen die Haushaltssatzung und den Haushaltsplan 2025. Neu in den Beratungen waren zwei Sitzungen der Fraktionssprecher, um sich überfraktionell abzustimmen. Hier bedanken wir uns bei Herrn Dr. Schmidt-Eule, von dem die Initiative einer überfraktionellen Beratung ausging. Diesen Austausch haben wir als sehr konstruktiv und wertvoll angesehen, zumal wir dadurch als Fraktionen in manchen Punkten der Verwaltung eine klare Richtung zur Beschlussfassung vorgeben konnten. Hierfür ein herzliches Dankeschön, auch wenn wir nicht in allen Punkten überfraktionelle Einigkeit erzielen konnten. Doch dazu später noch einige Ausführungen.
Auf die einzelnen Planzahlen des Haushalts möchte ich im Einzelnen nicht eingehen. Hat doch Herr Binz diese anschaulich dargestellt und Sie, Herr Bürgermeister, haben ebenso das Planwerk ausführlich erläutert.
Dennoch zeigen die Haushaltsplanungen der letzten vier bis fünf Jahre ein immer wiederkehrendes Phänomen auf. Wir planen mit einem jährlichen strukturellen Defizit und das bereits seit 2019, welches wir erfreulicherweise immer ausgleichen konnten. Jedenfalls gehen wir davon aus, denn die einzelnen Jahresabschlüsse sind seitdem von der Verwaltung nicht zur Beschlussfassung vorgelegt wurden. Die Vorlage der jeweiligen Jahresabschlüsse mahnen wir hiermit nachdrücklich an.
Auf dem Papier und im heutigen Planwerk werden wir unseren Haushalt 2025 ausgleichen können, jedoch bleibt abzuwarten, ob die Gewerbesteuereinnahmen auf dem Niveau der Vorjahre bleibt und inwiefern die Gundelfinger Gewerbesteuerzahler*innen von der bundesweiten Rezession betroffen sind.
Die negative bundesweite wirtschaftliche Entwicklung hält nun seit zwei Jahren an und schlägt sich in branchenübergreifendem Stellenabbau nieder, der auch Gundelfinger Arbeitnehmer*innen betreffen und somit Auswirkungen auf die Einkommenssteuer und damit wiederum auf die Gemeindefinanzen Auswirkungen haben könnte.
Wie zu bemerken ist, ist sehr viel Konjunktiv in dieser Einleitung enthalten. Was wir aber seit den Veröffentlichungen des Bürgermeisters wissen, sind die fetten Jahre auch für Gundelfingen vorbei.
Es ist jedoch sehr erstaunlich, dass diese Erkenntnis erst in den letzten Monaten gereift ist. Die Freien Wähler mahnen schon seit Jahren den nicht zu leistenden jährlichen Zins- und Schuldendienst bei den bisher geplanten Investitionen in Millionenhöhe an. In unseren bisherigen Haushaltsreden haben wir von Gastritis und Magengeschwüren bei den Haushaltsberatungen und Beschlüssen gesprochen.
Umso dankbarer sind wir unserem Kämmerer Herrn Binz, der in den jetzigen Haushaltsberatungen erstmals eine für die Gemeinde finanzierbare Schuldenobergrenze definierte. Er hat damit, um in einem Bild zu sprechen, das Schiff mit dem Namen „MS Gemeinde Gundelfingen“ einen realistischen Kurs verordnet und den Kapitän vor einer Kollision beim Verfolgen des bisherigen Kurses bewahrt. Das ist auch die Aufgabe der Offiziere auf einem Schiff, insbesondere dann, wenn der Kapitän auch gerne mal vom Kurs abkommt bzw. Zickzack-Kurs fährt, vielleicht um es allen auf dem Schiff „MS Gemeinde Gundelfingen“ recht zu machen. Dabei ist alles jeweils sicherlich gut gemeint, aber ein Kapitän und seine Offiziere sind verantwortlich für die Sicherheit an Bord, für die Passagiere, die Ladung und für die Unversehrtheit des Schiffes. Um im Bild zu bleiben, das Schiff Gundelfingen braucht einen klaren Kurs und ein Ziel, insbesondere dann, wenn der Treibstoff knapp bzw. eine definierte Obergrenze hat. Das bedeutet der Kapitän (Bürgermeister) und seine Offiziere (Amtsleiter) sowie die Reederei (Gemeinderat) müssen Prioritäten setzen. So macht es für uns wenig Sinn, - und hier verwende ich wiederum ein Bild - dass Sonnendeck (Sonneplatz) aufzureißen, wenn diese Maßnahme nicht zur Kursstabilität auf dem Weg zum Ziel der Konsolidierung beiträgt. Ein Schiff hat keine Bremsen und muss auf Kollisionskurs umgehend den Rückwärtsgang einschalten, um den Bremsweg möglichst kurz zu halten.
An diesem Punkt sind wir nun in unseren Haushaltsberatungen und da danken wir Freien Wählern Herrn Binz ausdrücklich für seine Klarheit und Offenheit in diesen Haushaltsberatungen, die zu einer harten Kurskorrektur geführt hat.
Eine klare Schuldenobergrenze zwingt uns zu priorisieren und das eine oder andere Projekt einfacher, kleiner und effektiver zu planen oder auch ganz darauf zu verzichten, auch wenn irgendwoher Fördertöpfe winken, die Land und einen Hafen versprechen, sich aber als nur kleine Insel auf der Reise des Schiffes „MS Gemeinde Gundelfingen“ entpuppen, ohne die Versorgung des Schiffes vollumfänglich sichern.
Mit dieser Erkenntnis haben wir uns entschlossen, das Projekt „Obermattenbad“ unter Verzicht der Förderung zu verschieben und vorerst nicht anzugehen. Von ursprünglich 5,4 Mio. Euro werden die Kosten dafür nun auf ca. 20 Mio. Euro geschätzt. Diese Kostensteigerung ist für die Gemeinde nicht tragbar. Wir möchten die nächsten zwei Jahre nutzen, um uns auf das Machbare im Obermattenbad zu konzentrieren, um dann das Projekt eventuell mit einer neuen Förderung anzugehen. Warum haben wir hier den Rotstift angesetzt? Weil das Obermattenbad eine freiwillige Leistung der Gemeinde Gundelfingen darstellt, und wir uns auf die Pflichtaufgaben konzentrieren müssen.
Unsere Pflichtaufgaben:
Mit 6 Mio. Euro haben wir der Feuerwehr zur Erweiterung des Gerätehauses und zur Ertüchtigung des Gerätehauses im Wildtal ebenfalls eine Obergrenze gesetzt. Laut Feuerwehrbedarfsplan investieren wir in zwei neue Feuerwehrfahrzeuge, unter anderem in eine Drehleiter. Der förderungswürdige Finanzierungsbedarf dieser Pflichtaufgabe ca. 1 Mio. Euro.
Auch bei dem Projekt Grundschule müssen wir neu denken. Wir fordern hier, das Jahr 2025 zur Neuausrichtung ohne Denkverbote zu nutzen. Gehen wir von der definierten Schuldenobergrenze aus, die uns die maximal leistbaren jährlichen Zins- und Tilgungsraten in den nächsten Jahren vorschreibt, so haben wir hier ein maximales Investitionsvolumen von ca. 20 Mio. Euro ohne Förderungen zur Verfügung.
Somit bleiben noch Finanzmittel zur Flüchtlingsunterbringung übrig, die wir in die Gebäude an der Waldstraße investieren.
Bei diesen drei Projekten und Pflichtaufgaben erreichen wir die von der Kämmerei genannten Schuldenobergrenze von ca. 29 Mio. Euro in den nächsten Jahren. Diese Summe können wir maximal aus den laufenden Einnahmen zurückzahlen, ohne handlungsunfähig zu werden. Die Freien Wähler unterstützen diese drei Projekte vollumfänglich.
Anstehende Aufgaben
Als dringlich sehen wir die Umgestaltung der Kandelstraße zur Fahrradstraße an, um den Schulweg sicherer zu machen. Hier sollten die nächsten freiwerdenden Mittel eingesetzt werden, anstatt sie auf dem Sonneplatz zu vergraben.
Wir lehnen in Anbetracht der Finanzlage die Umgestaltung des Sonneplatzes mehrheitlich ab. Dies wird uns hunderttausende Euros kosten, trotz der zugesagten Förderung, zumal der Förderantrag nur auf einer Projektskizze fußt und es noch völlig unklar ist, was tatsächlich vom Fördermittelgeber bezuschusst wird. Wir schlagen vor, keinerlei Erd- und Tiefbauarbeiten auf dem Sonneplatz vorzunehmen, sondern Mittel für Sitzgelegenheiten, Verschattung durch Sonnensegel und Markisen, sowie die Schaffung von Lastenräderstellplätzen und die Bereitstellung von Wasserspendern vorzusehen.
Sehr kritisch sehen wir die Erweiterung von Stellen in der Verwaltung, die mehrere hunderttausend Euro jährliche Gehaltskosten zur Folge haben. Wir können nur hoffen, dass dadurch die Digitalisierung sowie die Bürgerfreundlichkeit und die Erreichbarkeit der Verwaltung deutlich und nachhaltig verbessert wird. Auch erwarten wir mit der Verstärkung der Verwaltung eine bessere und zügigere Abarbeitung der Anträge des Gemeinderates, denn es besteht ein Bearbeitungs- und Beratungsstau.
Bei dem sich abzuzeichnenden Defizit in den Haushalten der Jahre 2026 ff fehlt uns der nachhaltige Spar- und Konsolidierungswille der Verwaltung. So werden Forderungen in Höhe von 500.000 Euro, von der Verwaltung genannt, nicht oder nur schleppend beigetrieben, und es fehlt an der zügigen Neukalkulation des Erstattungsbetrages für die Unterbringung von Flüchtlingen.
Auch loben die Verwaltung und der Gemeinderat jedes Jahr die Gewerbetreibenden für die nicht unerhebliche Gewerbesteuer. Was aber machen wir als Gemeinderat und Verwaltung eigentlich für den Gewerbestandort Gundelfingen? Die Überplanung des Gewerbegebietes liegt seit Jahren in den Amtsstuben, ohne weiter bearbeitet zu werden. Der fraktionsübergreifende Antrag zu einem interkommunalen Gewerbegebiet wurde in all den Jahren noch nicht einmal auf die Tagesordnung des Gemeinderates gesetzt.
Wir als Gemeinderat beklagen unisono den Mangel an Wohnraum, erreichen mit einem knappen Votum in einem Bürgerentscheid eine Zustimmung für ein neues Baugebiet im Nägelesee-Nord und nichts passiert. Das ist sehr unbefriedigend und auch hier fordern wir die Verwaltung auf, endlich die Planungen, einschließlich der Starkregenvorsorge, im Gebiet Nägelesee -Nord voranzutreiben.
Um wieder das Bild des Schiffes aufzunehmen: Die bisher fehlende Umsetzung der genannten Vorhaben wird durch die fehlende Crew auf dem Schiff „MS Gemeinde Gundelfingen“ begründet. Dies ist zwar verständlich, jedoch kann dieses Argument nicht für Jahre gelten. Hier ist es am Kapitän, eine leistungsfähige Crew zusammenzustellen, klare Navigationsanweisungen zu geben und vielleicht keine Langstrecke vorzugeben, die durch die Crew nicht durchgehalten werden kann. Besser sind kleinere Fahrten entlang der Küste mit kurzen, aber erreichbaren Zielen vorzugeben und diese auch einzuhalten.
Zurück zu den drei priorisierten Projekten und die genannte Schuldenobergrenze. Diese Priorisierung wurde fraktionsübergreifend als Minimalkonsens getroffen. Leider fehlen hierzu die bindenden Beschlüsse. Aus unserer Sicht sind die jeweils entsprechenden Beschlüsse dazu und die daraus ergebenen Höchstinvestitionssummen schnellstmöglich herbeizuführen.
Wie eingangs erwähnt mahnen wir die Vorlage der Jahresabschlüsse für die Jahre 2020-2024 an, um hier eine gesicherte Planungsgrundlage zu haben.
Auf Grund der fehlenden Jahresabschlüsse, den kritisch gesehenen Personalkostenzuwachs und die fehlenden Beschlüsse der priorisierten Investitionsmaßnahmen unter Einhaltung der von der Kämmerei genannten Schuldenobergrenze, wird die Fraktion der Freien Wähler über diesen Haushaltsentwurf unterschiedlich abstimmen.
Für die intensiven und fairen Beratungen bedanken wir uns und hoffen, das Schiff „MS Gemeinde Gundelfingen“ gemeinsam zielgerichtet auf Kurs zu bringen.
Gundelfingen, den 27.03.2025
Für die Fraktion der Freien Wähler
Michael Hornbruch
Fraktionssprecher