Haushaltsrede 2022

16.12.2021

In der Gemeinderatsitzung vom 16.12.2021 wurde der neue Haushalt verabschiedet. Lesen Sie hier die Haushaltsrede unseres Fraktionssprechers Michael Hornbruch.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Walz,

sehr geehrter Herr Binz,

sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,

sehr geehrte Damen und Herren,

heute beschließen wir die zweite Haushaltssatzung und den Haushaltsplan unter Pandemiebedingungen nach 2021 für das Jahr 2022. Es waren schwierige und anstrengendsten Beratungen, die auch einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr beinhaltet haben.

Das Jahr 2021 und die Finanzplanungen für das neue Haushaltsjahr sowie die mittelfristige Finanzplanung für die Folgejahre waren geprägt durch immer wieder sich ändernde Einnahmezahlen, Zuweisungen und Sonderbeihilfen.

Hier danken wir der Verwaltung und insbesondere Herrn Binz und seinem Team für die sehr flexible Arbeitsweise und die stets umfassende Vorbereitung der immer wieder neuen Planzahlen.

Gingen wir im Ergebnishaushalt 2021 und auch im Planungsansatz für 2022 von der Erwirtschaftung von jeweils sechsstelligen Fehlbeträgen aus, so konnten wir durch Sondereffekte z.B. Coronahilfen des Bundes und des Landes sowie neuen Steuerberechnungen in beiden Jahren, einen positiven Ergebnishaushalt erwirtschaften bzw. für das neue Jahr im Planansatz annehmen. Doch zum Gesamthaushalt später mehr.

Das Jahr 2021 war neben Corona vor allem geprägt durch die Entscheidung zum Neubaugebiet Nägeleseegebiet-Nord, der mit sich mit knapper Mehrheit der Bürgerschaft für die Realisierung dieses Neubaugebietes zur Schaffung von weiterem Wohnraum für alle Einkommensschichten ausgesprochen hat. Zu den weiteren Planungen hat der Gemeinderat mit der Verwaltung eine breite und vielfältige Bürger- und Bürgerinnenbeteiligung auf den Weg gebracht. Diese Beteiligung wird bei den nächsten Planungsetappen weiter fortgeführt und in den Planungsprozess mit einfließen. Daneben wurde ein Mobilitätskonzept in die Wege geleitet, welches das gesamte Gemeindegebiet in den Blick nehmen soll. Auch wurde der konzeptionelle Ausbau der E-Mobilität perspektivisch beschlossen. Hier sehen wir schon erste Umsetzungsschritte. Weitere Ladepunkte für Elektrofahrzeuge wurden auf dem Parkplatz des Kultur- und Vereinshauses und in der neuen Tiefgarage in der Ortsmitte geschaffen. Eine entsprechende Beschilderung und Parkleitsystem wird folgen. Verkehrstechnisch konnten wir eine Geschwindigkeitsreduzierung im Wildtal und die Schaffung zweiter Zebrastreifen erreichen. Hier freuen wir uns als Freie Wähler, dass unsere Anträge umgesetzt wurden. Anmahnen müssen wir an dieser Stelle jedoch die sehr langsame und schleppende Umsetzung des ganzheitlichen Parkraumkonzeptes, insbesondere die zeitlich massiv verzögerte Einzeichnung von Parkflächen. Diese Kritik geht weniger an die Verwaltung und Gemeindespitze, sondern vielmehr an das Landratsamt als genehmigende untere Verkehrsbehörde.

Auch ökologisch geht Gundelfingen, dank der Beschlüsse des Gemeinderates, nach vorne und kann sich mit anderen Gemeinden messen lassen.  Neben der Erstellung eines Klimakonzeptes wurde ein Biodiversitätskonzept in Auftrag gegeben und durch die Verlängerung und prozentuale Aufstockung der Stelle unseres Klimamanagers wurde dem Thema Klimaschutz einen deutlichen Stellenwert bei der strategischen Zielsetzung der Gemeinde gegeben.

Wir haben die Beteiligung der Jugend ausgebaut und verstetigt. Die Fertigstellung der Jugendhütte ist ein deutliches Ergebnis dieses Beteiligungsprozesses.

Im Jahr 2021 haben wir viele Vorhaben bearbeitet und auch einige Verbesserungen zurückgestellt, insbesondere aufgrund der unklaren finanziellen Situation der Gemeinde. Umso mehr freuen wir uns, dass wir nun im Haushalt 2022 die Schaffung eines behindertengerechten Einganges am Kultur- und Vereinshauses umsetzen werden.  Auch die Schaffung einer öffentlichen Toilette (auch im Kultur- und Vereinshaus) steht im jetzigen Haushaltsentwurf. Hier danken wir Herrn Bauamtsleiter Seitz für die innovativen Vorschläge zur Umsetzung unserer beiden Anträge.

Der Gemeinderat stärkt das ehrenamtliche Engagement wo immer Initiativen und Vereine Unterstützung brauchen. So zum Beispiel mit der Bereitstellung von zusätzlichen Räumen, um Zusammenkünfte unter Pandemiebedingungen zu ermöglichen, die Bereitstellung einer finanziellen Corona-Hilfe für Vereine sofern notwendig, oder durch die Förderung von Inklusion. Hier sei die Kleiderkammer erwähnt, die nun einen Standort in der Ortsmitte erhalten hat und dort Menschen mit Handicap in die Arbeitswelt integriert. Hier wünschen wir uns zeitnah einen Bericht über den Stand der inklusiven Arbeit. Auch das Möbellager erhält weitere Lagermöglichkeiten am Bauhof. Ziel jeglicher Förderung sollte aber sein, dass alle gesellschaftlichen ehrenamtlichen Gruppierungen sich bemühen, das eine finanzielle Förderung der Gemeinde nicht dauerhaft notwendig ist, damit diese finanziellen Aufwendungen mittelfristig wieder weiteren wichtigen (Pflicht-) Aufgaben zugeführt werden können.

Nun zu dem vorliegenden Haushaltsentwurf 2022. Mit diesem Entwurf treffen wir mutige und ambitionierte Zukunftsentscheidungen mit folgenden Investitionsschwerpunkten oder setzen Investitionsentscheidungen fort, die in den nächsten Jahren eine sehr hohe und weitere Kreditaufnahme erforderlich machen.  

  • Weiterführung Vorfinanzierung der Erweiterung der Kandelhalle mit Schaffung weiterer Klassenräume und der Mensa als nächsten Bauabschnitt (ca. 6 Mio.)
  • Fortführung der Baumaßnahmen des Kinderhauses in der Reinhold-Schneider-Straße (ca. 7 Mio.)
  • Weitere Sanierung unseres Obermattenbades (5,5 Mio.)
  • Beschluss zur Schaffung einer Ganztagesgrundschule mit entsprechenden baulichen Maßnahmen (30 Mio.)
  • Schaffung eines Naturkindergartens (siehe Haushaltsplan)
  • Breitbandausbau aufgrund hoher staatlicher Zuschüsse (siehe Haushaltsplan)

Wir möchten hier zwei Maßnahmen (Investitionsvolumen 35,5 Mio. Euro) herausheben, welche unseren Haushalt in den nächsten Jahren besonders herausfordern. Das ist die Schaffung einer Ganztagesgrundschule und die Sanierung des Obermattenbades. Beide Maßnahmen müssen/sollten bis 2025 bzw. 2026 abgeschlossen sein. Für die Sanierung des Obermattenbades sind ca. 5,5 Mio. Euro und für die Ganztagesgrundschule sind 30. Mio. Euro in die mittlere Finanzplanung eingestellt. Heute beschließen wir lediglich Planungsraten. Damit gehen wir aber auch entsprechende Verpflichtungen und Kreditermächtigungen ein.

Hierzu gingen und gehen wir schrittweise Kreditaufnahmen ein, die bis zum Jahresende eine Verschuldung von 8,12 Mio. Euro betragen werden. Dies ist ein Anstieg der pro Kopfverschuldung gemessen an der Einwohnerzahl von Ende 2020 bis zum Ende 2021 um 30%., nämlich von 470,00 € auf dann 686 € je Einwohner*in. Hierin sind die Finanzierung der Ganztagesschule und die Badsanierung noch nicht enthalten. Somit wird die pro Kopf Neuverschuldung in den nächsten Jahren massiv steigen. Ebenso steigen unsere jährlichen Rückzahlungsverpflichtungen. Der Gemeinderat nutzt dafür das niedrige Zinsniveau und sehr lange Laufzeiten.   Fakt ist jedoch, dass wir jetzt weiter finanzielle Verpflichtungen eingehen, die die nächste und übernächste Generation finanzieren und abbezahlen muss. Dieser Verantwortung müssen wir uns als gewählte Mandatsträger*innen und Verwaltungsspitze auch über die jeweilige Amtszeit bewusst sein. Die zu leistenden Zins- und Tilgungszahlungen werden sich in den nächsten Jahren mehr als verdoppeln und belasten zukünftige Haushalte und den Spielraum der Gemeinde.

Ohne großzügige Fördergelder von Bund und Land werden diese Vorhaben kaum zu stemmen sein. Wir konnten für die Badsanierung 40% Fördermittel und für den Breitbandausbau sogar 90% Fördergelder generieren. Die entsprechenden Förderzusagen liegen vor.

Bei den jetzt langfristigen Investitionen fällt auf, dass diese alle der schulischen Entwicklung, der Kleinkindbetreuung und der Sport- und Freizeitgestaltung dienen. Alles sehr wichtige und sinnvolle Maßnahmen.

Die Verwaltung und der Gemeinderat loben unser Gewerbe und unseren Branchenmix. Ja wir sind dankbar und froh, dass die Gewerbesteuern so angestiegen sind.

Aber was tun wir als politisch Verantwortliche für unsere Gewerbetreibende? Wir entwickeln unsere Ortsmitte weiter und stärken deren Attraktivität.

Was tun wir für unser Gewerbegebiet? Die Überarbeitung der Bebauungspläne zur Attraktivitätssteigerung wird seit dem Beschluss vor nun mehr 7 Jahren nicht bearbeitet, bzw. nicht entsprechend forciert. Der gemeinsame Antrag von drei Ratsfraktionen zur Erweiterung des Gewerbegebietes in Zusammenarbeit mit der Stadt Freiburg steckt irgendwo in der Bürokratie fest. Der oben erwähnte Breitbandausbau wird noch Jahre auf sich warten lassen, da erst ländliche Gemeinden angebunden werden. Neben der Einkommenssteuer und diversen Zuwendungen ist die Gewerbesteuer die wichtigste Einnahmequelle einer Gemeinde. Diese Einnahmequelle sollten wir nicht nur loben, sondern die politische Unterstützung zur Stärkung des Gewerbes stärker in den Blick nehmen. Bei allen Investitionen in bezahlbaren Wohnraum, unsere Kinder, und Familienfreundlichkeit dürfen wir unsere Gewerbetreibende und sie Schaffung neuer Arbeitsplätze nicht vernachlässigen.  Hier braucht es ebenso Wachstum, Innovation und verlässliche Mittelstandspolitik. Ein erster Schritt wäre nun endlich die zeitnahe und zügige Überarbeitung der Bebauungspläne im gesamten Gewerbegebiet und die Aufnahme entsprechender Verhandlungen mit der Stadt Freiburg.

Ja, Gundelfingen wächst und ist attraktiv, aber was ist mit unserer Sicherheit? Eine Pflichtaufgabe ist unsere Feuerwehr. Auch hier sind erhebliche Investitionen in Standort, Material und konzeptioneller Ausrichtung notwendig und dies schnell. Daher fordern wir eine enge konzeptionelle Zusammenarbeit mit der Feuerwehr mit einem klaren Umsetzungszeitplan und Perspektiven für unsere ehrenamtlichen Feuerwehrkameraden*innen, die 24 Stunden am Tag für unsere Sicherheit da sind. Wir stehen für einen zielorientierten Dialog bereit, um unsere Feuerwehr zukunftsorientiert aufzustellen. Auch dies wird Geld kosten. Aber wir sehen eine Investition in unser aller Sicherheit als ebenso wichtige Investition wie in unseren Bildungs- und Betreuungseinrichtungen an.

Wir als politisch Verantwortliche müssen, um all diese immensen Investitionen zu stemmen und umzusetzen, auch den Bürger*innen klar und offen sagen, dass es ohne Fördergelder oder Einnahmeverbesserungen in den nächsten Jahren nicht gehen wird.

Wir Gemeinderäte*innen und der Bürgermeister dürfen nicht nur Versprechungen machen und verteilen, sondern auch für eine verlässliche finanzielle Basis sorgen. Das ist ehrliche Politik.

Abschließend bedanken wir uns als Freie Wähler bei allen ehrenamtlichen und gesellschaftlich engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die Gundelfingen so liebenswert gestalten. Besonders bedanken wir uns bei allen an der Corona-Front und allen Mitmenschen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und jedes freundliche Wort in der Pandemie.

Schauen wir zukunftsvoll in die Zukunft und packen wir an.

Die Fraktion der Freien Wähler stimmen die Haushaltssatzung und Haushaltsplan zu.

Gundelfingen. den 18.12.2021

Michael Hornbruch

Fraktionssprecher FW


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